Über (BD)SM und ein schreckliches Buch

"50 SoG" - Im Abgleich mit der Realität

„50 Shades of Grey“ – Abgleich mit der Realität

Früher hatte man es als Mann mit "etwas spezielleren Neigungen" absolut nicht leicht ein passendes, weibliches Gegenstück zu finden, mit welchem man diese Neigungen ausleben kann.
Heute findet man, dank diesem schlecht geschriebenen Buch, augenscheinlich nur noch passende Gegenstücke.

Aber von den augenscheinlich passenden Gegenstücken, sind leider nur die wenigsten die, die wissen worum es dabei wirklich geht. Die meisten lesen "50 Shades of Grey" und bekommen Sehnsucht aus ihrem Alltagsleben auszubrechen, kaufen sich dann evtl. noch das SM- oder das Bondage-Handbuch von Matthias T. J. Grimme, doch realisieren nicht, das (BD)SM kein Spiel ist, sondern eine Sache die Menschen, unter Umständen, auch massiven, seelischen Schaden zufügen kann.
Ich habe SM-Beziehungen erlebt (persönlich und im Freundeskreis), die nach der Trennung damit endeten, das der Submissive, also der sich unterwerfende Part, nach der Trennung quasi nicht mehr alleine lebensfähig war, zu tiefst traumatisiert ist, zum Alkohol griff und oder kurz vor dem Suizid stand. Es gibt allerdings auch die andere Seite, in der man sich als dominanter Part auf eine sichere klare Rollenverteilung, festgelegte Absprachen usw. verlässt und irgendwann feststellt das der angeblich submissive Part seine Rolle verlässt und ein Sinneswandlung von statten geht, die jenseits aller Vereinbarungen und Absprachen ist – weil eben alles nur Schauspielerei war. Und diese ganzen Griffe ins Klo können echt auf beiden Seiten der „Macht“ wahnsinnig schnell passieren, eben weil (BD)SM eine sehr intensive Erfahrung für alle Beteiligten ist, die sich offen darauf einlassen - (BD)SM ist schmutzig, geil und noch vieles mehr - Aber – Es ist bei weitem kein harmloses Spielchen für jedermann/frau – Doch jedem sollte das Recht zugestanden werden sich daran zu versuchen – solange er/sie mit offenen Karten spielt!

Dieses furchtbare Buch umschreibt (BD)SM in so schillernd schönen Farben, dass natürlich jede frustrierte Hausfrau, zwischen 20 und 45, zwangsläufig in sich diese Sehnsucht entdecken muss einmal diese besondere Erfahrung mit der eigenen Lust zu sammeln.
Ich habe selbst vor einer ganzen Weile dieses „50 shades of grey“ gelesen, weil ich einfach neugierig war was um alles in der Welt die Leute daran fanden - und nach über 20 Jahren (BD)SM-Leben war ich anfangs sogar noch echt sehr belustigt von diesem Werk – Doch nach einer Weile wich diese Belustigung über das Werk der Besorgnis, denn es begegneten mir immer mehr Frauen, die Neugierig waren, die auch mal dieses Gefühl der Mrs. Steel erleben wollten.
Ebenso erzählten mir immer mehr „Doms“ von Fehlgriffen mit vermeintlich, submissiven Frauen die eigentlich nur einmal experimentieren wollten, aber aus voller Überzeugung vorgaben mit schon unzähligen Erfahrungen und mit Leib und Seele dem (BD)SM anzuhängen. Es ist also für alle Seiten nicht immer einfach „Die Echten“ von den “Gewollten“ zu unterscheiden - ist ja auch soweit vollkommen in Ordnung, wenn man noch keine Erfahrungen auf diesem Gebiet hat - allerdings – Es gibt nun einmal wirklich gravierende Unterschiede zwischen Büchern und der Realität. (BD)SM ist wirklich nichts für jeden und in jeder Partner-Konstellation, man muss nur bei der Wahrheit bleiben und dazu stehen, das man sein Wissen nur aus Fernsehen, Funk und Büchern hat, dann sollte auch jeder erfahrenere Sessionpartner, der halbwegs verantwortungsbewusst ist, darauf Rücksicht nehmen können – Allerdings nicht viele der wirklich Erfahrenen sind wie „Christian Grey“ und würden sich auf einen „Frischling“ einlassen, weil es einfach wahnsinnig mühevoll ist, Neulingen alles von vorn beizubringen was man erwartet. 

Genau so wenig, wie jeder „dominante Sadist“ einen Hubschrauber sein Eigen nennt, genau so ist auch die Neigung bei jedem unterschiedlich „stark“ ausgeprägt – deswegen redet vorher so viel wie möglich miteinander, denn nur so könnt ihr herausfinden ob ihr beide evtl. einen gemeinsamen Weg gehen könntet oder auch nicht – Natürlich kann man sich auch nach endlosen Gesprächen in seinem Gegenüber getäuscht haben. Das kann immer passieren, selbst in zwischenmenschlichen Beziehungsformen ohne diese etwas spezielleren Neigungen.
Ich kann an diesem Punkt nur für mich, als dominanten Part mit sadistischer Neigung, sprechen und evtl. noch für eine Handvoll andere Menschen, die einen ähnlichen Erfahrungsschatz haben.

Nicht jeder der als „Dom“ oder nicht jede die sich „Sub“ nennt und so durchs Internet schleicht ist ganz gesund im Kopf. Bei einigen grenzen die Auswüchse ihrer Neigung schon fast an Geisteskrankheiten, so sehr leben sie ihn ihrer selbstgebastelten Phantasiewelt aus Büchern und eigener Kreativität.
Bildet euch deshalb IMMER selbst ein Bild von einem Menschen, wie er lebt, wie er fühlt, wie er denkt, wie er handelt - bevor er euch ein Bild, von sich ins Hirn projizieren kann, welches unter Umständen völlig falsch oder einfach nur frei von ihm erfunden ist.

Kommt von so Gedanken weg, dass es Verträge gibt, die man irgendwann gegen euch verwenden kann – Diese sind nur Teil eines Spiels und werden von kaum einem, der es ernst meint, auch nur in Erwägung gezogen! Denkt bitte auch nicht dass ihr anfangs keinerlei Mitspracherecht habt, selbst wenn ihr total verknallt seid in jemanden. Benutzt euren Verstand, bevor ihr in etwas einwilligt, was ihr eigentlich nicht wirklich wollt – gerade am Anfang – und sagt „Nein“ wenn ihr etwas nicht möchtet – Und vor allem, seid euch immer bewusst, das alles was über ein klares „NEIN“ hinaus geht, per Gesetz eine Vergewaltigung oder zu mindestens eine Nötigung ist!

Wie ihr schon ahnen werdet hat (BD)SM sehr viel mehr mit Vertrauen, Toleranz und Respekt zu tun als jede andere zwischenmenschliche Verbindung, egal ob es nun mit Geschlechtsverkehr verbunden ist oder nicht – Ja richtig! (BD)SM hat nicht zwangsläufig etwas mit Geschlechtsverkehr zu tun – für viel Fetischisten, mich inbegriffen, ist Sex oft einfach zu banal und gewöhnlich, um es mit dem Fetisch damit in Verbindung zu bringen. Ein Fetisch ist per Definition eine asexuelle Ersatzhandlung für eine sexuelle Handlung, die der Befriedigung oder Stimulation dient. Das bedeutet das die Auslebung dieses Fetischs für den Fetischisten eine ähnliche „geistige Befriedigung“ mit sich bringt, wie bei „Nicht-Fetischisten“ der konventionelle Orgasmus beim Sex. Nur halt eben dass dieser Orgasmus, bei 99% der Fetischisten, nur zwischen den Ohren stattfindet.

Alles andere wäre nur „Ficken im Ambiente“ – Wie es eine liebe Bekannte so schön ausdrückte. 
Neben dem Vertrauen ist der Respekt voreinander eine der tragenden Säulen einer jeden zwischenmenschlichen Verbindung, so auch beim (BD)SM – wer den Respekt vor seinem Sessionpartner verliert, wird wohl sehr wenig Rücksicht auf dessen Bedürfnisse nehmen und wahrscheinlich nur noch sein eigenes Ding durchziehen – Ohne Rücksicht auf Verluste - Also achtet darauf wie man euch, außerhalb und innerhalb einer Session, begegnet und behandelt.
Ich persönlich sehe es so: 
Ich weiß ich habe, gemessen an der Masse der Mitmenschen, bereits eine sehr hohe Schmerztoleranz, doch gemessen an dem, was ich bereit bin meinem Gegenüber an Schmerz, Unterwerfung und Erniedrigung zuzumuten, ist dies ein Maß, welches meine eigene Grenze hierfür, um ein Vielfaches übersteigen würde – Somit schulde ich meiner jeweiligen Partnerin in einer Session alleine dafür schon den Respekt für eine Leistung, die ich selbst so nicht erbringen könnte – und ich bewundere „meine Sub`s“ regelmäßig dafür, dass sie bereit sind mir damit die Befriedigung und Auslebung meines Fetischs zu ermöglichen.
Das richtige Tempo.
Kein aktiver Part kann erwarten, dass jeder (oder auch immer der gleiche) passive Part, immer und jeder Zeit, die gleiche Intensität und Geschwindigkeit der Intensitätssteigerung mitmachen kann.
Es ist bei jedem Sessionpartner anders und auch wenn es immer der gleiche Partner ist, so ist dies immer Tagesform abhängig – Also quasi eine Frage der Geilheit!
Und nur wer seinen Sessionpartner wirklich in- und auswendig kennt sollte sich auf eine 100%ige (BD)SM-Beziehung, basierend auf einer dauerhaften Unterwerfung in jeder Alltagslage (wie in „50 shades of grey“ erzählt) einlassen – Die in „50 shades of grey“ beschriebene Beziehungsform der beiden Protagonisten kann in der Realität niemals in dieser Geschwindigkeit eingegangen werden ohne das mindestens einer der Beteiligten einen emotionalen Totalschaden erleidet – weil einfach dieser Punkt des in- und auswendig Kennens so nicht gegeben sein kann. Es dauert meistens oft Monate oder Jahre des Übens und Kennenlernens bis man diesen Punkt erreicht an dem man den Partner, in alles Situationen, einzuschätzen vermag und seine Gefühlsregungen auch ohne Worte lesen kann, ihm soweit vertrauen kann/sollte, ihm „gefahrlos“ die totale Kontrolle zu übergeben – Allerdings ist die Dauer einer (BD)SM-Beziehung auch kein Maßstab für diesen „Punkt-X“, an dem die Allmacht auf den aktiven Part übergeht. Es ist immer eine Frage der Intensität, des miteinander Erlebten und Ausgelebten (BD)SM`s – Ich kenne Paare die seit vielen Jahren (BD)SM praktizieren und noch nicht bereit sind zu diesem Schritt – Manche Sessionpartner erreichen diesen „Punkt-X“ auch nie.
Es gibt im (BD)SM nichts dass man erzwingen kann, wenn es langfristig erhalten bleiben soll, ohne Schäden zu verursachen.
Dominanz, Unterwerfung, Vertrauen und Toleranz sind Dinge, die entweder einfach da sind und wirken oder eben nicht da sind, weil Zeit, Raum oder Gegenüber gerade nicht passen!
Ich höre immer wieder Geschichten von submissiven Frauen, die aus dem Blauen heraus von so genannten „dominanten Männern“ in einschlägigen Foren Nachrichten erhalten, bei denen sie in der ersten Mail mehr oder weniger aufgefordert werden quasi sofort auf die Knie zu gehen, da sie ja eine submissive Neigung im Profil angegeben haben und der Schreiberling „dominat“ ist – Ja so was gibt es wirklich. Ich dacht auch erst das die Mädels mich offenbar mit diesen Geschichten nur zum Lachen bringen wollten, aber leider war es von den besagten „dominanten Schreibern“ wirklich ernst gemeint – Was mich persönlich an deren gesunden Menschenverstand zweifeln lässt bzw. daran ob diese sich wirklich einmal ernsthaft mit dem Thema (BD)SM auseinander gesetzt haben oder nur komische Bücher darüber gelesen haben. Denn in der Realität ist halt nicht jede „Sub“ mit jedem „Top“ kompatibel – Selbst wenn meine primitiven Geschlechtsgenossen anscheinend oftmals davon ausgehen.
Die Führung und die Unterwerfung:
Vorab einige Zitate hierzu welche ich in den vergangenen Jahren hier und da so aufschnappte und welche sehr trefflich das beschreiben, was ich u.a. unter „Führung“ und damit natürlich verbunden „Unterwerfung“ verstehe und was ich persönlich, seit ich mich mit dem Thema (BD)SM befasse, in diesem Kontext auch anwende, lebe bzw. versuche meinem Gegenüber zu vermitteln:

„Unterwerfung ist ein Geschenk, geboren aus der Stärke, genährt durch Vertrauen, erhalten durch Respekt und Achtung. Wenn das Wort nicht schlägt, dann schlägt auch nicht der Stock“

„Andere beherrschen erfordert Kraft. Sich selbst beherrschen fordert Stärke“

„Unsicherheit im Befehlen erzeugt Unsicherheit im Gehorsam“ 

„Führung bedeutet: Einen Menschen so weit bringen, dass er das tut, was Sie wollen, nicht weil er muss, sondern, weil er es will“
„Als Sub sollte man vorsichtig sein was man sich wünscht; es könnte in Erfüllung gehen!“
Ich persönlich als ein als dominant wahrgenommener Mensch mit einer aktiven und passiven sadistischen Neigung sehe meine Position, innerhalb einer Session bzw. zwischenmenschlichen (BD)SM- Beziehung, NICHT als im Allmacht herrschender Meister über ein anderes Lebewesen.
Sondern eher als eine Art Mentor, der ein Wesen/Subjekt, welches sich ihm anvertraut hat, dazu anleitet das sich gewünschtes Ziel der eigenen Unterwerfung vor mir zu erreichen. Es ist hierbei (bei mir) eine Anwendung dessen, was Sigmund Freud einst als „Zuckerbrot & Peitsche“ bezeichnete – Mit dem kleinen Unterschied, dass ich, wörtlich genommen, keine Zuckerbrote verwende sondern andere Formen des Ausdrucks meiner Zufriedenheit mit dem sich mir anvertrauten Wesen/Subjekt.
Hierfür ist es für mich Empathie einer mir zugeschriebenen Pflicht, denn ich bin derjenige der erkennen MUSS wann ich das Wesen/Subjekt wie behandeln muss, damit es sein Ziel erreicht.
Ebenso muss ich erkennen wann es ihm schlecht geht, es also quasi in ein emotionales Loch fällt oder an seine körperlichen Grenzen gelangt und es dann auffangen wenn es fällt oder einfach nur in den Arm nehmen, wenn es ihm in einem „unerwünschten Maße“ schlecht geht. Dies beinhaltet auch, dass ich es als meine Pflicht und Verantwortung sehe, sowohl das Tempo einer Session zu reduzieren oder diese sogar ganz und gar abbreche wenn ein kritischer Punkt erreicht ist – Denn es geht auch um ein menschliches Wesen/Subjekt und eben nicht ausschließlich um die Befriedigung meines eigenen Fetisch – Es ist also ein „Miteinander“ in vieler- fast jederlei Hinsicht.
Dies bedeutet NICHT, dass ich ein Vertreter eines scheinbar sanften Weges bin oder mir nicht einfach nehme was ich begehre, eher ganz im Gegenteil, ich bin ein ganz klassischer Sadist. Dies bedeutet das ich keine Skrupel oder Unsicherheiten habe in dem was ich will und fordere, ich benötige auch keinerlei scheinbare Rechtfertigung, wie z.B. alberne Bestrafungen für noch albernere Fehler des Subjekts – Wenn ich das Subjekt erniedrigen, schlagen, anspucken oder anderweitig quälen und erniedrigen möchte dann tue ich das und zwar nur aus einem einzigen Grunde heraus – weil ich es in diesem Moment kann!
Ich würde auch sicherlich nicht Zögern einen Rohrstock oder dergleichen voll durchzuziehen. Doch hierbei liegt die Betonung immer auf „In diesem Moment“. Können tue ich dies, als Sadist, immer und jeder Zeit! Aber als führender Part in einer Session ist es meine verdammte Pflicht zu erkennen wann und ob das sich mir anvertraute Wesen/Subjekt hierfür bereit ist – Denn im falschen Moment richte ich damit mehr Schaden an als Nutzen.
Ich selbst bin ein großer Freund des Satzes „…auf Biegen und Brechen“ – Ich kann einen Menschen brechen. Dann wird dieser auf lange Sicht selbst wahrscheinlich sehr unbefriedigt sein. Oder aber ich kann einen Menschen dazu anleiten sich ganz langsam und vorsichtig, in seinem Tempo, selbst zu biegen, um so seine eigenen Grenzen, an welche ich ihn führte, für mich und sich selbst zu durchbrechen. Es ist also bei mir keine erzwungen Unterwerfung die ich erwarte, sondern eine vollkommene und freiwillige. -Sich mir hingeben und sich mir damit unterwerfen, sich fallenlassen können und jede Macht und damit verbundene Verantwortung, ohne Angst, in meine Hände legen-
Abschließen möchte ich nun mit einem Satz den mein Vater früher immer zu mir sagte: „Sohn, lesen bildet“ – Im Grunde genommen hat er damit auch nicht so ganz unrecht, doch Dinge wie: Respekt, Dominanz, Unterwerfung, Toleranz, Empathie, Vertrauen, Hingabe, das Führen eines Menschen sowie das, auf dessen Seite gelebte Gefühl, des „sich Fallenlassen“ – Also jene Dinge auf die es beim (BD)SM wirklich ankommt - lernt man nicht aus Büchern (und auch nicht aus diesem Text)! Das einzige was diese geschriebenen Zeilen einem geben können und sollen, sind Ideen und Denkanstöße. Was ihr daraus macht, wie ihr für euch das ganze umsetzt, daraus evtl. etwas für und über euch lernt, das Ganze dann ggf. in der Praxis auch umsetzt, ist einzig und alleine eure Form von BDSM.
Habt Spaß dabei…